Ist wissenschaftliches Arbeiten sinnlos oder absolut sinnlos? Einschätzung vom 24. Februar

[mit Felix Schulz] Stellen wir uns idealistische Wissenschaftler vor, die versuchen, politischen Entscheidungsträgern Informationen an die Hand zu geben, wie ideal bis optimal auf epidemiologische Umstände reagiert werden könnte. Die Öffentlichkeit bemängelt, es gäbe immer noch nicht genügend Information zu Infektionskanälen (Antwort gab es schon am 4. Mai 2020). Die Öffentlichkeit macht sich Sorgen um die Mutante aus Großbritannien, politische EntscheidungsträgerInnen fordern Stufenpläne. Nichts einfacher als das.

Vergleichen wir die Situation heute mit der Situation im April 2020. Ab 20. April 2020 gab es erste Lockerungsmaßnahmen nach der ersten Welle. Wir wissen heute, dass diese Lockerungsmaßnahmen vertretbar waren, die Infektionszahlen (ja, sie sind verzerrt) sanken, genauso die Todesfälle und die Belegung auf Intensivstationen. Also wäre es nur konsequent, Lockerungsmaßnahmen genau dann durchzuführen, wenn die Infektionslage ähnlich zur Situation im April 2020 ist.

Die linke Abbildung zeigt Infektionszahlen im Zeitverlauf, die mittlere die Belegung von Betten auf Intensivstationen, die rechte die Todesfälle. Wenn wir auf die Infektionszahlen schauen, sind wir sind weit entfernt von der Situation Ende April 2020. Es hätte eine gewisse Logik, mit Lockerungsmaßnahmen zu warten. Schauen wir jedoch auf die Belegung der Intensivbetten, dann sind wir zwar noch knapp über 3000, jedoch nahe am Wert von Ende April 2020 (knapp unter 3000). Die Todesfälle liegen noch eindeutig höher als Ende April. Auf jeden Fall beschließt die Politik, verschiedene Lockerungsmaßnahmen bereits jetzt durchzuführen. Mit den unterschiedlichsten Begründungen. Infektionszahlen können nicht die Grundlage sein. Vielleicht die Belegung auf Intensivstationen? Wissenschaftliches Arbeiten, der Versuch, politische Entscheidungen evidenzbasiert zu begleiten scheint futil, schon immer obsolet, lächerlich, sinnlos. Wir Wissenschaftler sollten in Ruhestand gehen. Oder zumindest den Mund zu halten. Sprachlos macht dies sowieso.