Einschätzung vom 10. März 2020

 

Alle Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen. Bei Erhebungen, die über viele Meldestellen laufen kann es immer zu meldebedingten Verzögerungen und Schwankungen kommen, die nicht die tatsächlichen Häufigkeiten der Erkrankungen wiederspiegeln. Dennoch bieten diese Bilder Anlass zur Hoffnung. Auf der linken Seite ist (wie immer in der ersten Abbildung) die Anzahl der gemeldeten Krankheitsfälle in Deutschland angegeben. Diese steht am 10. März (Stand 15 Uhr mit online Veröffentlichung um 21:30) bei 1296. Somit steigen die Fallzahlen weiter.

Die Hoffnung kann aus der rechten Abbildung geschöpft werden. Die Zuwachszahlen sind seit 4 Tagen erheblich niedriger. Wenn man bis zum Freitag 6. März noch mit wachsenden Wachstumsraten (!) rechnen musste, scheinen die Wachstumsraten seit Samstag 7. März nicht nur stabil, sondern auch viel niedriger zu sein. Auch wenn der anfängliche Glaube war, die Zuwachsraten am Samstag und Sonntag waren niedrig, da das Meldesystem am Wochenende weniger schnell vonstattengeht als unter der Woche, wurde dies am Montag und Dienstag widerlegt.

Die Hoffnung erwächst also aus der Tatsache, dass die Zuwachsrate in den letzten 4 Tagen bei „nur“ ca 20% lag. Es wäre schön, wenn diese Zuwachsraten weiter sinken würden.

 

 

Aus der Anzahl der gemeldeten Erkrankungen (erste Abbildung links) ergibt sich die Anzahl der Neuerkrankungen pro Tag. Wenn man sich fragt, wie viele Menschen am 10. März neu erkrankten (157) und wie viele Menschen am 10. März gesund (im Sinne von nicht an Corona erkrankt) waren (83,1 Millionen minus 1296), dann kann man diese Zahlen ins Verhältnis setzen, also 157/ (83,1 Millionen – 1296) und bekommt damit die Wahrscheinlichkeit, am Tag zuvor, also am 9. März an Corona erkrankt zu sein. Diese liegt bei circa 0,0002%. Da solche Wahrscheinlichkeiten schwer greifbar sind, kann man sich leichter vorstellen, wenn man sich überlegt, wie groß die Gruppengröße ist, aus der im Schnitt eine Person erkrankt ist. Diese liegt bei etwas mehr als einer halben Million (was sich leicht aus (83,1 Millionen – 1296)/157 berechnen lässt). In anderen Worten, das Risiko am 9. März zu den betroffenen Fällen zu gehören liegt bei eins zu über 500 Tausend. Das ist sehr klein. (Siehe die Einschätzung vom 9. März auf der Seite Einschätzungen vom Beginn der Epidemie zur Frage, wieso Neuerkrankungen vom 10. März als Wahrscheinlichkeit dem 9. März zugeordnet werden.)

Der rechte Teil dieser Abbildung zeigt diese Gruppengröße seit Beginn der Datenverfügbarkeit. Diese scheint sich um die 500 Tausend einzupendeln. Wenn man diese Entwicklung bei aller Vorsicht aber doch mit dem Wissen der relativen Stabilität von Wachstumsprozessen für die nächsten Tage fortschreibt, dann wird jeden Tag eine von 500 Tausend Personen in Deutschland neu als erkrankt gemeldet werden. Auch dies erscheint sehr klein.

Auch wenn das Erkrankungsrisiko für jede einzelne Person sehr niedrig erscheint, dürfen die weiterhin sehr hohen Wachstumsraten der Anzahl der Neuerkrankungen nicht ignoriert werden. Betrachtet man die durchschnittliche Zuwachsrate der Anzahl der gemeldet Erkrankten über die letzten 7 Tage, dann liegt diese 32%. Wenn man annimmt, dass die Anzahl der Erkrankten für die nächsten 7 Tage von aktuell 1296 pro Tag um 32% zunimmt, dann hätte man in 7 Tagen knapp über 9000 Erkrankte in Deutschland. Da dies auf keinen Fall wünschenswert ist, sind alle Maßnahmen auf individueller wie gesellschaftlicher Ebene wünschenswert, die eine Weiterverbreitung des Coronavirus eindämmen.