Nachtrag zu unserer Maskenstudie – Einschätzung vom 16. August

[mit Timo MitzeReinhold Kosfeld und Johannes Rode] Unsere Maskenstudie hat zu einem Echo geführt, das für uns alle positiv überraschend bis teilweise überwältigend war. Es gab Medienreaktionen und Nachfragen aus den USA, Großbritannien (Seite 1 Artikel in The Times), Niederlande und im wesentlichen „alle Medien“ in Deutschland. Weiterhin haben wir uns über eine Vielzahl an individuellen Anfragen verschiedener Menschen gefreut. Sie haben uns teilweise auch geholfen, unsere Studie zu verbessern. Dafür herzlichen Dank. Wir konnten aber nicht alle Anfragen individuell beantworten und haben deswegen hier Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen zusammengestellt. Diese verschicken wir auch ab und zu per Email.

Sehr geehrte Dame, sehr geehrter Herr,

haben Sie herzlichen Dank für Ihr Interesse an unserer Arbeit zu Masken und deren Schutzwirkung gegen eine Infektion mit Covid-19. Bitte beachten Sie, dass wir Ende Juli eine überarbeitete Version unserer ursprünglichen Arbeit fertiggestellt haben. Die ursprüngliche Arbeit wurde ergänzt durch eine Darstellung auf Deutsch und eine Kurzvariante auf Englisch. Die überarbeitete Version trägt ebenfalls den Titel „Face Masks Considerably Reduce Covid‐19 Cases in Germany - A synthetic control method approach“ und befindet sich aktuell im Begutachtungsprozess. Die Überarbeitung verstärkte die Ergebnisse unserer ursprünglichen Untersuchung. Die überarbeitete Version ist inzwischen auch als CESifo Diskussionsbeitrag erhältlich.

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir nicht jede Anfrage individuell beantworten können. Wir freuen uns sehr über das enorme nationale und internationale öffentliche Interesse, müssen jedoch auch Zeit für unsere reguläre Tätigkeit aufbringen. Lassen Sie mich aber auf einige der am häufigsten gestellten Fragen eingehen.

Die Anzahl der Testungen

Wir haben den Einfluss der Anzahl der Testungen in unserer Studie nicht berücksichtigt. Es wäre wünschenswert, dies zu tun. Dem stehen aktuell zwei Dinge im Wege. Zum einen gibt es keine (öffentlichen) tagesgenauen Daten von Testungen. Zum anderen gibt es keine theoretischen Überlegungen, wie sich Testungen auf die Anzahl der gemeldet Infizierten auswirken sollte. Grundsätzlich kann man sagen, dass Testungen in Deutschland bis Anfang August im Wesentlichen (Ausnahmen waren u.a. Reihentestungen für wissenschaftliche Zwecke oder auch für gewisse Sportler) dann durchgeführt wurden, wenn ausreichend ärztlich bestätigte Symptome vorlagen. Ab Anfang August finden auch Testungen von Urlaubsheimkehrern statt. Wenn Testungen nur mit ausreichend viele Symptome durchgeführt werden, dann ist die Anzahl der Tests immer abhängig von der Anzahl der Personen mit hinreichenden Symptomen. In diesem Sinn hat die Anzahl der Testungen keinen ursächlichen Einfluss auf die Anzahl der Infizierten, da die Anzahl der Testungen selbst durch die Anzahl der Personen mit Symptomen verursacht wird.

Die Anzahl der Testungen hätte einen Einfluss auf die Anzahl der gemeldet Infizierten, wenn ohne medizinischen Grund getestet würde. Natürlich werden mehr Infizierte gefunden, wenn die Anzahl der Getesteten steigt. Wenn also repräsentative Stichproben für medizinische Zwecke getestet werden, dann ist die zu erwartende Anzahl der Infizierten umso größer, umso größer die Stichprobe. Wie hoch der Anteil dieser Tests relativ zu Tests mit medizinischer Indikation ist, wird von uns aktuell untersucht.

Grundsätzlich gehen wir jedoch davon aus, dass im von uns untersuchten Zeitraum keine fundamentalen Änderungen in den Testregeln erfolgt sind. Deswegen erwarten wir, dass unsere Ergebnisse nicht durch unterschiedliches Testverhalten erklärt werden können.

War es die Maske oder etwas anderes?

Wir haben in der Überarbeitung extrem viel Zeit damit verbracht, die Einführung der Masken (in Jena in 3 Stufen!) anderen Maßnahmen zeitlich gegenüber zu stellen. Dies ist nun in Abbildung 8 auf Seite 18 dargestellt (und wird in der Studie ausführlich besprochen). Aus ihr zeigt sich eindeutig: wir messen den Effekt von Masken.

Wann wirkt eine gesundheitspolitische Maßnahme?

Dies ist eine sehr wichtige Frage, der wir in unserer Überarbeitung auch viel Raum gegeben haben. Nach einer Infektion verstreicht die Inkubationszeit bis zum Erscheinen erster Erkrankungssymptome. Danach muss ein Arzt aufgesucht, ein Test durchgeführt und das Ergebnis gemeldet werden. Diese Verzögerung haben wir in Abschnitt A.3 auf S. 19 ausführlich dargestellt. (Das ist ein kleines statistisches Schmankerl, wir mussten 2 Zufallsvariablen addieren und die Verteilung der Summe bestimmen.) Mit allgemein akzeptieren Daten zur Inkubation und offiziellen Daten zur Meldeverzögerung in der BRD kommen wir auf einen Median von 10,5 Tage zwischen Infektion und Meldung. Nach 10,5 Tagen ist also die Hälfte der Erkrankungen statistisch sichtbar.

Wenn also eine gesundheitspolitische Maßnahme am z.B. 3. Tag eines Monats in Kraft tritt, dann gehen wir davon aus, dass ab Tag 14 in den Daten der Effekt der Maßnahme sichtbar ist. Sollte 10,5 Tage nach Inkrafttreten keine Änderung in den Daten sichtbar sein, dann hat die Maßnahme keinen Effekt (oder ein zweites Ereignis hat die Effekte genau aufgehoben – welches dann aber zu finden wäre).

Die Berechnung der Wirkungsstärke

Wir geben im Papier verschieden Maße an, wie stark der Rückgang der Infektionszahlen aufgrund des Mund-Nasenschutzes ist. Diese Maße sind alle in Tabelle 7, Anhang B.5 enthalten. Die Berechnung erfolgt in einer Exceldatei. Diese ist ebenfalls über eine unserer Internetseiten erhältlich.

Bei weiteren immer wiederkehrenden Fragen werden wir uns bemühen, diese in unsere Antwortliste aufzunehmen. Für viele Fragen hätten auch wir gerne Antworten. Wir sind aber Wissenschaftler und wissen um unser beschränktes Wissen. Und leider auch um unsere beschränkte Zeit.